DER KLASSISCHE KOMPONIST UND MUSIKWISSENSCHAFTLER PETER HÜBNER
zu seinem internationalen Projekt der
INTEGRATION DER WISSENSCHAFTEN & KÜNSTE
 
 

NATÜRLICHES
MUSIK SCHAFFEN


OUVERTÜRE
DAS UNSTERBLICHE ZAUBERREICH DER KÖNIGIN DER MUSIK


TEIL I
DER PROZESS DES MUSIKSCHAFFENS


TEIL II
DAS KLASSISCHE LEHRFELD DER MUSIK


TEIL III
DIE INNERE MECHANIK DES MUSIKSCHAFFENS


TEIL IV
DIDAKTIK DER MUSIK


TEIL V
DIE KRÄFTEFELDER DER MUSIK


TEIL VI
SINN DER MUSIKÜBERLIEFERUNG


TEIL VII
RAUM UND ZEIT IN DER MUSIK


TEIL VIII
DIE PHYSIK DER MUSIK


TEIL IX
DIE ORDNUNGSSYSTEME IN DER MUSIK


TEIL X
WISSENSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN DER MUSIKÄSTHETIK


TEIL XI
MUSIKWISSENSCHAFT


TEIL XII
MUSIK UND SPRACHE


Die Sprache der Wahrheit


 
Ewi­ge Wahr­hei­ten blei­ben si­cher ewi­ge Wahr­hei­ten; das Schrift­bild je­doch, in wel­chem sie aus­ge­drückt wer­den, ist im Lau­fe der Zei­ten der Ver­än­de­rung un­ter­wor­fen.

 
Sterblichkeit der Schrift, Unsterblichkeit der Wahrheit
Ewi­ge Wahr­hei­ten blei­ben si­cher ewi­ge Wahr­hei­ten; das Schrift­bild je­doch, in wel­chem sie aus­ge­drückt wer­den, ist im Lau­fe der Zei­ten der Ver­än­de­rung un­ter­wor­fen.

 
Und in ei­ner Zeit, die so schnel­le­big ist wie die un­se­re, ver­sin­ken man­che Schrif­ten – nicht die Wahr­heit, aber ih­re Dar­stel­lung – we­sent­lich schnel­ler, als wir glau­ben.

 
Des­halb ent­zie­hen sich die klas­si­schen Par­ti­tu­ren dem in­ne­ren Ver­ständ­nis, dem be­deu­tungs­ge­mä­ßen Er­fas­sen ih­res in­ne­ren Sinns, we­sent­lich kon­se­quen­ter, als so man­cher Fach­mann sich das träu­men läßt.

 
So wie man heu­te den Buch­sta­ben a mit ei­ner Schreib­ma­schi­ne nur auf ei­ne Wei­se schreibt, aber doch in un­ter­schied­li­chen Sil­ben ganz un­ter­schied­lich aus­spricht, so hat man zur Zeit der Klas­si­ker zum Bei­spiel bei ei­ner Vio­li­ne ein ein­ge­stri­che­nes d (d’) zwar nur auf ei­ne Art no­tiert, aber aus der Ge­wohn­heit des viel­fäl­ti­gen mu­si­ka­li­schen Aus­drucks je­ner Zeit her­aus je nach dem kom­po­si­to­ri­schen Zu­sam­men­hang ganz un­ter­schied­lich ge­spielt.

 
Die musikalische Sprache
Die da­ma­li­ge Or­ches­ter­pro­be (und in ge­wis­sem Um­fang auch die No­ta­ti­on) dien­te über­wie­gend da­zu, et­wai­ge Ab­wei­chun­gen von der da­mals üb­li­chen Mu­si­zier­pra­xis zu kor­ri­gie­ren.

 
Die Orchesterprobe im Wandel der Zeiten
Was dar­aus ge­wor­den ist, zeigt uns die heu­ti­ge Or­ches­ter­pro­be mit dem krampf­haf­ten Be­mü­hen, die le­ben­di­ge Spra­che der klas­si­schen Mu­sik in das Kleid der „Schreib­ma­schi­nen­schrift“ um­zu­wan­deln.

 
Die Fol­ge ist ein Er­ster­ben des all­ge­mei­nen In­te­res­ses an die­ser Mu­sik beim brei­ten Pub­li­kum.

 
In der her­kömm­li­chen No­ta­tion gab der Kom­po­nist dem ver­sier­ten Spie­ler nur so we­ni­ge In­for­ma­tio­nen wie mög­lich, um das von ihm ge­wünsch­te Mu­sik­re­sul­tat her­bei­zu­füh­ren.

 
Gedächtnishilfen
Die Spiel­an­wei­sun­gen der klas­si­schen Kom­po­nis­ten hat­ten noch in ih­rer ei­ge­nen Zeit mehr den Cha­rak­ter von „Ge­dächt­nis­hil­fen“.

 
Dies kann man aus der Kom­ple­xi­tät der in­ne­ren Lo­gik die­ser Kom­po­si­tio­nen fol­gern.

 
Denn es ist nicht an­zu­neh­men, daß die­se gro­ßen Ton­dich­ter be­ab­sich­tig­ten, sol­che im­men­se in­ne­re kom­po­si­to­ri­sche Viel­falt mit der­ar­ti­ger Ein­falt des Spiels aus­zu­drü­cken, wie dies heu­te ex­er­ziert wird.

 
Der Mu­si­ker der klas­si­schen Zeit muß des­halb im Ge­gen­satz zum jet­zi­gen Mu­si­ker über ei­ne rou­ti­ne­mä­ßi­ge Vir­tuo­si­tät des Spiels ver­fügt ha­ben, die dem heu­ti­gen ana­ly­tisch den­ken­den Mu­si­ker un­faß­bar er­scheint.

 
Virtuosität

„Der Künstler ist zwar ein Sohn seiner Zeit,
aber schlimm für ihn, wenn er zugleich noch
ihr Zögling oder gar ihr Günstling ist.“

Friedrich Schiller


 
So wird des­halb die Kom­po­si­tion ei­nes Beethoven in der heu­ti­gen Auf­füh­rungs­rou­ti­ne ge­ra­de­zu ent­seelt, und der frü­he­re In­stru­men­ta­list hät­te sich ge­gen ei­ne sol­che ent­frem­de­te Par­ti­tur­le­se­tech­nik – aus der her­aus die­se Ver­stei­ne­rung vor­ge­nom­men wird – ent­schie­den ge­wehrt.

 
Virtuosität
Er fän­de bei die­ser Art ana­ly­ti­schem Par­ti­tur­le­sen Mit­tel und Weg ver­tauscht.

Ei­ne sol­che Ver­frem­dung liegt na­tür­lich im Lau­fe der Zeit.

 
Entfremdete Partiturlesetechnik

„Das, was Musik ausspricht, ist ewig, unendlich und ideal; sie spricht nicht die Leidenschaften, die Liebe, die Sehnsucht dieses oder jenes Individuums in dieser oder jener Lage aus, sondern die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht selbst.“

Richard Wagner


 
So er­wächst uns heu­ti­gen Mu­si­kern – wenn es um das wah­re An­lie­gen der Mu­sik geht – die se­gens­rei­che Auf­ga­be, die Wahr­heit mit den Aus­drucks­mit­teln un­se­rer ei­ge­nen Zeit, in un­se­rer ei­ge­nen ver­trau­ten „Um­gangs­spra­che“ neu aus­zu­spre­chen.

 
Übermittlung uralter Wahrheiten
Und ge­ra­de we­gen der ana­ly­tisch be­ton­ten Be­schrei­bungs­wei­se un­se­rer Zeit bie­tet sich durch die Tech­no­lo­gie un­se­res Jahr­hun­derts – und hier be­son­ders im Be­reich der Elek­tro­nik – ein zeit­ge­rech­tes und viel­fäl­ti­ges Po­ten­ti­al zu ei­ner äu­ßerst le­ben­di­gen mu­si­ka­li­schen Sprach­for­mung – und des­halb zur er­folg­rei­chen Über­mitt­lung ur­al­ter Wahr­hei­ten.

 
Anwendung der analytisch geprägten Beschreibungsweise unserer Zeit